Mittwoch, 18. November 2015

Selfpublishing ist wie ein DSDS-Casting [oder: Die Schattenseiten des Selfpublishing]

Was ist Selfpublishing?


Selfpublishing kommt aus dem Englischen und bedeutet eigentlich nur soviel wie "Selbstverlegend", sprich: Man hat keinen Verlag und bringt das Buch in Eigenregie heraus.


Mein Weg zur SPlerin


Als ich mit dem Schreiben angefangen habe, habe ich mir über so etwas überhaupt keine Gedanken gemacht, ich wusste noch nicht einmal, dass es so eine Möglichkeit gibt.
Klar war: Du kannst es gern bei einem Verlag probieren, aber die bekommen täglich TAUSENDE von Entwürfen und Skripten, da gehst du unter.
Selbst mit einem guten Buch.
Sei also nicht allzu enttäuscht, wenn es nicht klappt.
Als ich meinen Debütroman beendet habe, schrieb ich dann aber trotzdem den ein oder anderen Verlag an und siehe da: Ich bekam sogar eine Antwort. Und die war auch noch alles andere als negativ.

»Sehr geehrte Frau Otto,
wir können uns eine Zusammenarbeit mit ihnen sehr gut vorstellen.
«

Ich strahlte.
Leider stellte sich bald heraus, dass ich mit den Betreibern des Verlags mal so gar nicht auf einer Wellenlänge war. Ich fühlte mich als Autor nicht ernst genommen und hatte überhaupt kein Mitspracherecht. Zuerst hielt ich das für normal, aber heute weiß ich, dass es auch anders geht.
Jedenfalls suchte ich nach einer Möglichkeit, aus dem Autorenvertrag zu entkommen.
Mittlerweile hatte ich Kontakt zu einigen anderen Jungautoren, die mir vom Selfpublishing erzählten und dann stand für mich fest: Ich wollte es allein versuchen.
Also trat ich einer Gruppe von SPlern bei, die mir auch heute noch gute Freunde und Hilfe sind und arbeitete mich mehr oder weniger fleißig in die Grundlagen ein.
Eigentlich fand ich es ziemlich cool, so frei zu sein. Ich konnte mein Cover selbst bestimmen, wer meine Testleser sind und habe dabei ganz großartige Menschen kennengelernt.
Das Marketing erwies sich als eine der schwierigsten Aufgaben, zumindest für mich. Wieder war ich auf andere Leute angewiesen und Menschen von mir überzeugen - das konnte ich noch nie.
Das alles verlieh meiner ach so aufblühenden SPler-Karriere dann einen Dämpfer und ich überlegte eine Weile herum.
Soll ich überhaupt veröffentlichen?
Vielleicht schreibe ich einfach nur für mich.
Doch ich beschloss, dass Aufgeben keine Option ist und klemmte mich wieder dahinter. Ich fand für mich selbst heraus, dass es am SP nicht nur rosige Seiten gibt.


Das Pro und Con am S & P


Natürlich, es ist einfach unfassbar was manche Autoren ganz ohne einen Verlag erreichen. Wenn man über die ganze Arbeit nachdenkt, der sie neben dem Schreiben noch nachgehen - Marketing, Covergestaltung, Formatierung, blah.
Aber es ist Fakt, dass die überall aus dem Boden sprießenden Angebote für Möchte-gerns auch die Super-Autoren aus ihren Löchern lockt. Mal salopp gesagt, kann heutzutage "jeder Idiot" ein Buch veröffentlichen, auch wenn es teilweise weder lektoriert, noch korrigiert ist und gute Schmöker gehen dann schon einmal unter.
Das ist dann ein bisschen wie beim DSDS-Casting.
Unter all dem SP-Schmarrn gibt es vielleicht drei, vier gute Werke und der Rest ... ist wie ein Cover von Whitney Houston, dargeboten vom siebzehnjährigen, pickligen Ralph-Eberhardt dem die Musik nach einem TRAGISCHEN Schicksalsschlag ins Leben zurückgeholfen hat.
I will always ... CUT MY EARS OFF.
Und ich vermute, dass genau dort das Problem liegt.
Das ist der Grund, warum SPler so verschrien sind.
Eigentlich kann man wirklich stolz sein, wenn man alles allein geschafft hat und es gibt wirklich viele, tolle SPler. Marah Woolf, Laura Newman, Hannah Ben - um nur Einige zu nennen. Aber es ist eben auch Fakt, dass das, was normalerweise ein Verlag an Vorsortierung unternimmt, beim SP niemand macht. Hier kann jeder sein Buch auf den Markt werfen, egal wie furchtbar formatiert und voller Rechtschreibfehler es auch ist.
Und da diese Fälle nun eben überwiegen, fällt ein schlechtes Licht auf jeden Selfpublisher-Autor da draußen.
Du sagst, du bist Autor und dein Gegenüber fragt "Bei welchem Verlag" - wenn jetzt das SP-Wort fällt, wirst du schief angesehen. "Ach so, du machst das selbst. Cool."


Blogger um Hilfe bitten


Natürlich ist man als Selbstveröffentlicher auch vor allem auf Leser angewiesen, damit man mit seinem Marketing überhaupt die Mauern an Kritzelkram durchbrechen kann. Und dafür sind Buchblogger nun einmal die beste Anlaufstelle.
Ich war bisher ziemlich unsicher, was das Anschreiben und um Lesemeinung bitten betrifft.
Klar, eigentlich geben wir uns gegenseitig etwas: Ihr liebt es zu lesen, ich habe das Buch.
Aber ich bin ziemlich sicher, dass die weitgefasste Meinung eher die ist, dass wir SPler den Bloggern ziemlich auf die Nerven gehen (was ich irgendwie auch verstehen kann.)
Die meisten haben eine vorgefertigte E-Mail mit der sie den Blogger anschreiben, den Fehler habe ich anfangs selbst gemacht. Aber es ist klar, dass das nicht funktioniert.
Warum sollte mir der Blogger helfen, wenn ich mir nicht einmal die Zeit nehme seinen Blog zu würdigen? In dem steckt nämlich ebenfalls sehr viel Arbeit. Solche E-Mails werden also meistens schon aus Prinzip ignoriert.
Und da fühle ich mich ein bisschen festgefahren. Denn genauso wie es wirklich arrogante SPler gibt, die das Gefühl haben es bräuchte nur eine Standart-Mail a lá "Eigentlich interessiert mich dein Blog kein Bisschen, aber NATÜRLICH HABE ICH IHN GELESEN ... wie hieß er noch gleich?", genauso gibt es die arroganten und unfreundlichen Blogger, die sich für das Größte halten, weil der Autor auf sie angewiesen ist.
Vielleicht sollten sich einfach beide Seiten wieder daran erinnern, dass wir das alles aus Liebe zum Schreiben machen und nicht, weil wir uns so gern einen Konkurrenzkampf liefern.
Blogger lieben es zu lesen und zu schreiben. Sie sind ehrlich und geben ihre Meinung unverblümt wieder, deshalb schreiben wir sie an.
Lieber Autor, wenn du dich für so unfehlbar hältst, dass dir eine drei-Sterne-Rezension den Hut vom Fuß reißt, bitte ... geh zurück in dein Kämmerlein und schreib für dich. Denn egal was du auch tust, es wird nicht immer Jedem gefallen.
Und, lieber Buch-Blogger oder Book-Tuber: Nicht alle SPler sind schlecht. Manche haben einfach keine Ahnung, wie sie euch anschreiben sollen, wie sie herausstechen können aus dieser Masse an Rezensionsanfragen. Und manche haben Angst vor euch. Denn es gibt doch das ein oder andere Gerücht, das euch als den bösen Wolf darstellt. Vielleicht kommt das auch nicht von ungefähr. Versucht doch einfach nett zu reagieren, auch wenn es schwer ist.

Fazit


Ich jedenfalls glaube, dass wir als Autoren (und da gerade die SPler) uns nicht schuldig fühlen müssen, wenn wir einen Buch-Blogger anschreiben.
Und genau das werde ich jetzt tun.